Am 11. März hat die EU das vierte Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet. Bislang hat die EU neue Investitionen in den russischen Energiesektor eingefroren, Stahlimporte aus Russland und den Export von Luxusgütern nach Russland gestoppt. Außerdem wurde die schwarze Liste russischer Personen mit Bezug zum Verteidigungssektor signifikant vergrößert.
Weiße Liste
Einige russische Akteure aus den Bereichen Militärindustrie, Luft- und Raumfahrt und Verteidigung wurden nicht auf die vierte Sanktionsliste der EU gesetzt. Darunter zentrale Raumfahrtkonzerne wie NPO Lavochkin (geführt von Vladimir Kolmykov), Roskosmos (mit Dmitry Rogozin an der Spitze) und Information Satellite Systems Reshetnev (unter Leitung von Nikolay Testoedov).
Ebenfalls in der weißen Liste verbleibt die ZiD Degtyaryov Fabrik, ein großer Produzent von Luft- und Panzerabwehrwaffen, geführt von Alexander Tmenov und gegründet durch das Unternehmen Globalvoentrading LTD (unter Leitung von Igor Kesaev). Auch nicht sanktioniert wurden Radio-Electronic Technologies (Nikolai Kolesov) und Izhevsk Mechanical Plant (Leitung durch Nikolai Markov). Beide gehören zum riesigen Konglomerat Rostec, welches von Sergey Chemezov geführt wird.
Schwarze Liste mit Ausnahmen
Auf der anderen Seite hat das neue Sanktionspaket alle Transaktionen mit zahlreichen Staats- und Militärunternehmen Russlands strengstens verboten. Darunter sind bekannte Gas- und Öl-Unternehmen (Rosneft, Transneft, Gazprom Neft), Hersteller von Flugzeugen (United Aircraft Corporation) und Schiffen (United Shipbuilding Corporation). Außerdem Hersteller von Militärtechnik wie Uralvagonzavod (Panzer), Oboronprom (Hubschrauber), Sevmash (nukleare U-Boote) und Almaz-Antey (Luftabwehrsysteme wie Buk). Hinzu kommen der Fahrzeugproduzent Kamaz – bekannt durch mehrere Siege der Rally von Dakar und die größte russische Reederei Sovcomflot.
Die schwarze Liste der EU wächst. Die letzte Version hatte viele neue Namen aus den Bereichen Luftfahrt, Werften, Maschinenbau aber auch Schlüsselfiguren des Kreml, die die russische Sichtweise zur Ukraine vertreten. Weitere Einschränkungen betreffen das Exportverbot für Autos nach Russland, die mehr als 50.000 Euro kosten. Dies orientiert sich scheinbar am US-Sanktionspaket, welches den Export von Frauenhandtaschen, Naturfell, Schmuck, Tabakerzeugnissen, Luxusalkohol, Kleidung und Teppichen im Wert von über 300 Euro nach Russland verbietet.
Die EU verbietet ihren Ratingagenturen zudem die Bewertung russischer Unternehmen. Schließlich wird durch das Sanktionspaket der Import einiger Stahlprodukte eingeschränkt, eine Maßnahme, die nach ersten Schätzungen bis zu 3,3 Milliarden Euro an Exportverlusten für Russland bedeuten kann. Gleichzeitig gibt es von Seiten der EU noch keine Einschränkungen beim Import von Kohle, Öl, Gas, Titan, Aluminium, Kupfer, Nickel, Palladium und Eisenerz aus Russland.
Sanktionen gegen Personen
Der zweite Teil des Sanktionspakets betrifft Maßnahmen gegenüber einflussreichen Personen: Beamte, Geschäftsleute und Personen des öffentliche Lebens. Sanktioniert wurden der bekannte Oligarch und Eigentümer des englischen Fußballclubs Chelsea, Roman Abramovich, der Chef des Ersten Russischen TV-Kanals, Konstantin Ernst und Tigran Khudaverdyan, Vorstandsmitglied des Internetkonzerns Yandex – das „russische Google“.
Auch Alexander Shokhin, der Präsident der Russian Union of Industrialists and Enterpreneurs, der Chef des staatlichen Militärexporteurs Rosboronexport, Alexander Mikheev und der TV-Moderator Artyom Sheinin aind alle auf der schwarzen Liste. Diese EU-Sanktionen stimmen mehr oder weniger mit den vorherigen Maßnahmen aus London und Washington überein.
Folgen für Russland und Europa
Obwohl nicht immer klar ist warum einige Personen oder Organisationen auf die schwarze oder weiße Liste kommen, so sind die ersten Folgen dieser einschränkenden Maßnahmen sichtbar. In Russland ist es nun kaum möglich ein iPhone zu kaufen, weil der Preis sich verdoppelt hat oder bei McDonald’s essen zu gehen, weil es die Tätigkeit eingestellt hat.
In Europa, welches seine wirtschaftlichen Verbindungen mit Russland über Jahrzehnte aufgebaut hat, stehen viele Fabriken nun vor dem Stillstand. In Finnland haben viele Druckereien Probleme ohne Papier aus Russland. In Deutschland könnten BMW und VW die Produktion stoppen, weil Kabel aus der Ukraine fehlen. In ganz Europa werden Nahrungsmittelpreise weiter steigen, weil Weizenimporte aus Russland und der Ukraine ausfallen.
Wie wird es weitergehen? Aktuell wird ein fünftes Sanktionspaket der EU diskutiert und wahrscheinlich in naher Zukunft beschlossen werden.