Dringlich: Sexkaufverbot*

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„Ohne Prostitution geht es nicht!“ gehörte zu den oft gehörten Sätzen, die mich als Neu-Bundesbürgerin ab 1990 schockierten. Im Realsozialismus machte ich die Erfahrung, dass eine Arbeitsgesellschaft, in der sich die Einkommensunterschiede von Frauen und Männern in Grenzen hielten und tendenziell geringer wurden, sehr gut ohne Prostitution auskommt. Und der Rahmen, in dem das bei allen Geschlechtern vorhandene Interesse an Sexualität ausgelebt werden konnte, erweiterte sich. Luxusprostitution oder staatlich organisierte Spionage-Prostitution blieben Randphänomene, die mit der heutigen Armutsprostitution nichts gemein hatte.
Schweden, wo 1998 ein „Sexkaufverbot“ in Kraft trat, das grundsätzlich Freier bestraft, beweist,  dass es sogar in einer kapitalistischen Gesellschaft möglich ist, Sex aus dem Warenkreislauf auszuschließen. Schwedens Gleichstellungsministerin sagte hinsichtlich Deutschlands: „Eine Gesellschaft, die die Prostitution als Beruf oder Wirtschaftszweig anerkennt, ist eine zynische Gesellschaft, die den Kampf für die schutzlosesten und verwundbarsten Frauen und Kinder aufgegeben hat.“(1)  
Derselben Meinung ist der ehemalige Kriminalhauptkommissar Manfred Paulus, der beruflich mit dem Rotlichtmilieu und den ihm zuarbeitenden internationalen Schlepperbanden zu tun hatte. In zwei Büchern klärte er über die Komplexität dieses hier weitgehend verdrängten Skandalons auf. Kommt Prostitution in den Medien mal vor, dann vor allem verharmlosend: Angeblich arbeiten die meisten Prostituierten freiwillig. Entspricht das Äußere gehobenen Ansprüchen, könne Frau als ´Escort` reicher Geschäftsleute sogar sehr viel Geld verdienen. 
Für ebenso unterbelichtet wie die Verhältnisse in der Prostitution selbst hält Paulus das Amalgam, das zwischen diesem „Wirtschaftszweig“ und der transnationalen Organisierten Kriminalität existiert. Europol schätze, dass europaweit „etwa 2500 kriminelle Clans und polykriminelle Gruppierungen aktiv, die sich vorwiegend mit dem Handel von Drogen, Waffen und Menschen befassen“.(2) Wie Paulus an historischen Beispielen der Zuhälterei zeigt, war sie immer auch in anderen Kriminalitätsfeldern tätig. Das heute erreichte Ausmaß, in dem die mit Prostitution erzielten Gewinne in andere illegale und legale Geschäfte investiert werden, ist neu und gefährde die Gesamtgesellschaft.

Bekannt ist, dass spezialisierte Agenturen oder „Loverboys“ jungen, oft noch minderjährigen Frauen ein glänzendes Leben in Europa vorgaukeln. Migranten aus Asien oder Afrika, die die Gestade der europäischen Union erreichen, gelten den Medien als gerettet. Angeblich haben sie hier  Zukunftschancen. Das gilt sicher nicht für zehntausende Frauen und Kinder, die jährlich im transkontinentalen Menschenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung in die Europäische Union geschleust werden. „Allein 2016 sind über 16 000 junge Nigerianerinnen übers Mittelmeer in Richtung Italien und von dort weiter in andere westeuropäische Länder, bevorzugt nach Deutschland, Österreich und die Schweiz geschleust worden.“ Sie stammen meist aus dem armen Süden Nigerias. Damit sie die ihnen noch unbekannten Strapazen der Reise und ihre künftige Tätigkeit widerstandslos hinnehmen, werden sie zuvor einer Gehirnwäsche unterzogen. Sie müssen sich zu einem von der Schlepperorganisation bezahlten Voodoo-Priester begeben, der ein Ritual vollzieht, in dem er eine „Moral und Gerechtigkeit“ verkörpernde Gottheit anruft.  „Umgeben von Knochen, Tierschädeln und üblem Gestank“ müssen die Mädchen „ein Bad zwischen Tierhäuten“ nehmen und ein heißes Getränk inhalieren. Dann werden Finger- und Fußnägel, Kopf- und Schamhaare des jeweiligen Mädchens abgeschnitten und zusammen mit einem Bild der auf diese Weise Verzauberten sorgsam in eine Tüte gesteckt.“ Nach weiteren magischen Handlungen „hat sich die junge Frau nackt vor dem Priester zu verneigen und […] zu schwören, nach Europa zu gehen, alle ihr erteilten Anweisungen […] zu befolgen, 35 000 Euro an (durch Ritual und Ausreise entstandenen) Schulden zurückzuzahlen und niemals bei der Polizei oder einer anderen Institution auszusagen.“ Bis die Schuld beglichen ist, stellt die Tüte angeblich eine ständige Verbindung zu dem Priester her. Ein Bruch des Schwurs zieht die Rache der Gottheit nach sich: den Tod für sie und ihre Verwandten. Hat sie die Gefahren von Sahara und Mittelmeers überlebt, wird sie in Italien einer ´Madame` übergeben und dann von einem Landsmann an ihren Bestimmungsort gebracht. Die wenigen Nigerianerinnen, die aussagen, „berichteten die schrecklichen Abläufe detailliert und übereinstimmend.“(3)
Menschenhandel in die EU findet auch aus den Ländern ihrer Peripherie statt. In Moldawien, das heute kaum noch 2,5 Millionen Einwohner hat, werben „über 200 nicht lizensierte Vermittlungsagenturen. Sie alle versprechen einen problemlosen Grenzübertritt, einen angenehmen Transport westwärts und immer wieder aufs Neue den (für moldawische Verhältnisse) unglaublich gut bezahlten Traumjob in´Germany`.“(4)
Je ärmer die Länder, um so bedeutender der Handel , der dem Rotlichtmilieu reicherer Länder Menschen zuführt. Hilfsorganisationen schätzen, dass etwa 30 000 albanische Mädchen und Frauen in Westeuropa sexuell ausgebeutet werden. „Laut der belgischen Polizei sind viele der in Belgien anschaffenden Ausländerinnen 14- 15-jährige Mädchen aus Albanien.“ Paulus unterstreicht immer wieder die Rolle von Tätern, Täterorganisationen und kriminellen Clans aus Albanien und Kosovo im Menschenhandel. Albanische Netzwerke rekrutieren und exportieren auch Frauen und Mädchen aus der Ukraine und Serbien und sogar aus den EU-Ländern Bulgarien und Rumänien in wohlhabendere EU-Staaten. Die Überfahrt von Albanien nach Italien dauert mit einem Schnellboot keine zwei Stunden und kostet 1000 Euro pro Person. Je nach Attraktivität der Ware Mensch zahlen dort wartende Zuhälter zwischen 4000 und 10 000 Euro.
Paulus schildert, dass die Entstehung der in ganz Europa überaus einflussreichen albanischen Mafia mit dem Ende der sozialistischen Ära auf dem Balkan begann: „Beides, die plötzlich vorhandene Möglichkeit für AlbanerInnen, ihr Land zu verlassen und die durch kriegerische Auseinandersetzungen erforderliche Ausweichroute für Drogen und Menschenschmuggler, trug dazu bei, dass in Albanien und darüber hinaus hochkriminelle Strukturen entstehen und sich verfestigten konnten.“ Schnell kam es zu Kontakten zwischen albanischen und italienischen Kriminellen. Zunächst waren die Albaner „Handlanger der drei großen italienischen Mafiagruppierungen Camorra, Cosa Nostra und ´Ndrangheta. Sie hatten die Schmutzarbeit zu verrichten und töteten skrupellos. […] So wurde in Albanien mehrfach von Abrichtungslagern berichtet, in welchen Kinder systematisch vergewaltigt und so auf die (Sex-) Märkte vorbereitet wurden. Auch von Exekutionen war die Rede, die durchgeführt wurden, um auf diese Weise die Entschlossenheit der Täter zu demonstrieren.“ Hier ist kein substantieller Unterschied zur Voodoo-Praxis in Nigeria zu erkennen.
Als es der Justiz Italiens gelang, Drogenkartelle still zu legen, erlangten albanische Clans die Kontrolle über weite Teile des Frauen-, Drogen- und Waffenhandels sowie der dortigen Prostitution. „Sie übernahmen Geschäftsfelder der Cosa Nostra, arrangierten sich mit der neapolitanischen Camorra, schufen enge Beziehungen zu der in Apulien agierenden Sacra Corona Unita und galten schon bald als Erben der kalabrischen ´Ndrangheta.“ Ihren Aktionsraum dehnten sie bis an die Ostküste der USA aus und drangen über das Prostitutionsmilieu von Antwerpen auch nach Deutschland ein (5), wo sie „in den 1990er-Jahren das Rotlichtmilieu in Hamburg stürmten und in der Folgezeit Milieuanteile in ganz Deutschland, aber auch in Österreich und der Schweiz eroberten“.
Arabische „Familienclans setzten sich „vorwiegend in Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, aber auch im Osten Deutschlands fest.“ Man agiert international. „So ermittelte eine Sonderkommission in Köln gegen Angehörige einer Roma-Großfamilie, die daraufhin ihre Aktivitäten schleunigst in die Schweiz […] verlagerten. Ein 2019 begangener Mord in Wien wurde mit der Festnahme eines Clanchefs in Tschechien in Verbindung gebracht. Die in Österreich durchgeführten Ermittlungen ergaben, dass das Tötungsdelikt im Zusammenhang mit den Rivalitäten der montengerinischen Kartells des Škaljari- und des Kavac-Clans stand.“ (6)
Paulus geht von der üblichen polizeilichen Praxis ab, die Herkunftsnationalität von Straftätern und -gruppen nicht zu nennen. Damit wird entschleiert, dass es offenbar eine ´Dialektik`zwischen der Herkunft der ausgebeuteten Prostituierten und ihrer Schlepper aus den ärmsten Regionen in und außerhalb Europas einerseits und den reichsten Regionen andererseits gibt. Sie etablierte sich nicht zufällig als Kehrseite der zunehmenden Freizügigkeit von Menschen und Waren in der EU. Paulus macht das auch daran fest, dass deutsche Zuhälter seit den neunziger Jahren einen immer kleiner werdenden Teil der „Prostitutionslandschaften“ kontrollieren.  

In Deutschland und der Schweiz sind nur noch etwa zwei Prozent der Prostituierten Deutsche oder Schweizerinnen – die allermeisten stammen aus ärmeren Ländern. In den reichen Ländern sitzen sie unter sklavenähnlichen Bedingungen fest. Da den Verschleppten nach dem letzten Grenzübertritt die Pässe abgenommen werden, verlieren sie ihre Bewegungsfreiheit und haben kaum  Möglichkeit, gegenüber Polizei und Justiz Rechte einzuklagen. Die – laut Paulus – zu 90% unfreiwillig ausgeübte Prostitution, deren Ertrag den Prostituierten nur in Bruchteilen zufließt, stellt fortlaufende Gewalt dar, ergänzt durch weitere Gewalt, um die Ware ´Frau` oder ´Kind` gefügig zu halten. Das kann bis zum Totschlag führen.
Brutalste Prügel und Morde bestimmen von jeher den Umgang im Zuhältermilieu selbst, in dem ständig um Einflusszonen, Etablissements und sogar um einzelne Prostituierte konkurriert wird. Die heutzutage mit diesem Kampf betrauten schnellen Eingreiftruppen entstammen dem Rockermilieu und bewegen sich auf schnittigen Motorrädern. Das berüchtigste, weltweit aktive Rockernetzwerk ist der 1948 in den USA gegründete Hells Angels Motorcycle Club, der in Deutschland schon seit 1970 zahlreiche Gewalt- und Tötungsdelikte verübte. Paulus nennt etliche ähnliche Rockerorganisationen: ´Bandidos Motorcycle Club (Ursprung in den USA, seit 1999 in Deutschland, „Präsident“ war ein Türke) , Outlaws Motorcycle Club (Ursprung in den USA, seit 2001 auch in Deutschland, angeblich nur im Waffen- und Drogenhandel tätig, was aber, so Paulus „fast zwangsläufig ins Rotlichtmilieu“ führe), United Tribuns (Bosnier), Gremium Mototcycle Club (größter deutscher Club), Black Jackets (Türken, Jugoslawen) Red Legion (Kurden), Bahoz (Kurden), Osmanen Germania Boxclub (türkisch-nationalistische Gruppe), Rock Machine Motorcycle Club (Kosovo-Albaner), Mongols Motorcycle Club (Araber) und Guerilla-Nation (arabische Familienclans). 

Die schillerndste Größe der Hells Angels ist Frank Hahnebuth. Weil er den Kampf um den am Hannoveraner Steintor gelegenen Rotlichbezirk zwischen Albanern, Russen und Türken befriedete, heißt er auch „Steintorkönig“. Trotz zahlreicher Haftstrafen „knüpfte er „Beziehungen zur Lokalpresse und entwickelte sich immer mehr zur gesellschaftlichen Größe. Er wurde Teil eines Netzwerks von Honoratioren der Stadt und hatte Zugang zu einflussreichen Kreisen. […] Dass der Polizeipräsident der Landeshauptstadt in einer Bar des Rotlichtsviertels feierte und deshalb von seiner Funktion entbunden werden musste“ - hält Paulus noch für einen „der belanglosesten Hinweise auf Verflechtungen zwischen Einflussreichen und Mächtigen“. (7)
Dass sich – wie in der Antike, im Mittelalter und der Neuzeit auch heute Deutschland ein ziemlich  unverkrampfter Umgang zwischen öffentlichen Persönlichkeiten und dem Rotlichtmilieu einspielte,  ist auch Ergebnis unserer Prostitutionsgesetzgebung. Paulus erinnert daran, dass es „um die Jahrtausendwende europaweit, vor allem im linken [und grünen] politischen Spektrum“ Diskussionen gab, „wie mit der Prostitution und den Entwicklungen im Bereich der Prostitution umzugehen ist“. Dabei kamen die Staaten zum Teil zu gegensätzlichen Auffassungen. Nach Schweden urteilten auch andere nordische Länder, dass Prostitution grundsätzlich die menschliche Würde verletzt. In Deutschland versuchte man mit dem Prostitutionsgesetz von 2001 der Stigmatisierung des Prostitutionsgewerbes zu begegnen und ordnete es dem Dienstleistungssektor zu. (8) Mit dieser Normalisierung sollte den Prostituierten auch der Zugang zu den Sozialsystemen möglich werden. Weil sich die Prostitution aber zu 90% im illegalen Dunkelbereich abspielt, machen nur sehr wenige Personen davon Gebrauch. 2018 sollen es nicht mehr als 76 gewesen sein (9), von, so schätzt Paulus, 400 000 in Deutschland tätigen Prostituierten. (10)
Nach hiesigem Gesetz sind sie Angehörige des Servicesektors: „Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen“. Der Straftatbestand der „Förderung der Prostitution“ wurde 2001 abgeschafft, weshalb der Gründung von Bordellen und anderen Vermittlungsdiensten nichts  im Wege steht. Dass Betreiber solcher Einrichtungen nur ein „eingeschränktes Weisungsrecht“ über „das Ob, die Art oder das Ausmaß der Erbringung sexueller Dienstleistungen“ (11)  haben, hat kaum praktische Bedeutung, da den Frauen die Bewegungsfreiheit fehlt, um Verstöße anzuzeigen.
Den Grund, weshalb sich gerade Deutschland als auch für Touristen höchst attraktiven „Puff Europas“ profilieren konnte, sieht Paulus in dieser verfehlten deutschen Prostitutionsgesetzgebung, die das Menschenrecht auf körperliche Selbstbestimmung ignoriert. Sie kam auch durch die mediale Arbeit von Lobbygruppen zustande, die vorgeben, gegen die gesellschaftliche Diskriminierung von Prostituierten zu wirken. Das beruht allerdings auf der Prämisse, dass Prostitution vorwiegend freiwillig und selbstbestimmt ausgeübt wird. Wenn sich öffentliche Persönlichkeiten und Politiker immer wieder mal unbesorgt im Rotlichtbereich bedienen lassen, hängt das sicher auch daran, dass solche NGOs sogar öffentliche Förderung erhalten. Der Berliner Senat unterstützt den Verein HYDRA, der u. a. eine Einstiegsberatung in die Prostitution anbietet. Madonna e. V. ist ein 1991 von Prostitutierten gegründeter Verein in Bochum, der von der Stadt und dem Land Nordrhein-Westfalen gefördert wird. Auch Madonna predigt, dass Prostitution eine Arbeit wie jede andere sei und bespielt eine vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung finanzierte App, die „Tipps und Tricks“ für Prostitutionsarbeit gibt – gezielt auch für osteuropäische Frauen. Der Hauptsitz des ebenfalls von vielen staatlichen Geldern profitierenden Vereins KASSANDRA ist Nürnberg. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fördert dessen Projekt ConneKt [sic], das zur Integration von Migrantinnen beitragen will, die bereits als Prostituierte arbeiten oder dies beabsichtigen. 

Am erstaunlichsten findet Paulus, dass sogar die weltweit renommierteste Menschenrechtsorganisation, nämlich Amnesty International 2015 nicht nur beschlossen hat, für Legalisierung der Prostitution einzutreten, sondern sogar die Entkriminalisierung des damit verbundenen Menschenhandels zu fordern. Begründet wird das damit, dass „sexuelle Aktivität […] ein grundlegendes menschliches Bedürfnis“ sei. Zuhälter „vereinfachen die Sexarbeit, indem sie Informationen und Assistenz bereitstellen“. Diesem Beschluss ging jahrelange Lobbyarbeit des Briten Douglas Fox voraus, dem Gründer einer internationalen Gewerkschaft von „Sexworkers“. Fox warb dafür, dass seine Unterstützer Mitglieder von Amnesty werden sollten. (12)
Weder Polizei noch Justiz verfügen in Deutschland über adäquate Mittel zur Verfolgung der „hinlänglich bekannten, in weiten Teilen kriminellen Anwerbungs-, Schleusungspraktiken und Ausbeutungsmethoden“ des Rotlichtmilieus. Es gibt „jährlich nur wenige hundert Ermittlungsverfahren und noch weniger Urteile wegen Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung“. (13)
Anders sieht es beim Nachbarn Frankreich aus. Bordelle sind seit einigen Jahren verboten, weil sie das Verbergen sexueller Gewalt und gewaltsamer Zurichtungen erleichtern. Es waren Ermittler der französischen Gendarmerie, die einem in Deutschland niedergelassenem bulgarischen Zuhälterring auf die Spur kamen. Frauen und Zuhälter wohnten rechts des Rheins, „wo sie sich vor Strafverfolgung sicher glaubten“ und von wo die Mädchen an ihre französischen Einsatzorte kutschiert wurden: auf den Straßenstrich von Straßburg und Annecy. Die Zuhälter erhielten in Frankreich hohe Haftstrafen, die Frauen wurden dortigen Hilfsorganisationen übergeben. (14)

Auch in Deutschland gibt es NGOs,  die Frauen helfen, aus der Prostitution auszusteigen und ihnen Ausbildungsplätze vermitteln, z. B. ESTHER Minstistries Stuttgart e. V., und das ebenfalls dort tätige Fraueninformationszentrum (FIZ) Die Internationale Organisation für Migration (IOM) ist ein Hauptakteur gegen Menschenhandel, Sexsklaverei, aber auch in bei Hilfe und Beratung von Opfern.  JADWIGA ist in Bayern tätig, Karo e. V. im sächsischen Plauen, Mission Freedom e. V. in Hamburg. SISTERS e. V. baut von Stuttgart aus ein Unterstützungsnetz in ganz Deutschland auf. TERRE DES FEMMES tritt nicht nur gegen Zwangsprostitution und das verzerrte Bild auf, das darüber wird, sondern auch gegen Genitalverstümmelung. Die christliche Internationale Justiz Mission (IJM) wurde in Washington gegründet und engagiert sich besonders gegen Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungs- und Schwellenländern, darunter auch Menschenhandel und Zwangsprostitution. In Deutschland versucht IJM mit Politikern und der Öffentlichkeit über die diesbezüglichen Probleme ins Gespräch zu kommen. GENERATE TANARA ROMANIA ist eine 2001 in Rumänien gegründete NGO, die sich u.a. auch für Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution einsetzt und Präventionsarbeit  z. B. in Gemeinden und Schulen leistet. 
Äußerst verdienstvoll ist der 1978 in Kenia gegründete Verein SOLWODI, der mittlerweile 19 Beratungsstellen, eine Kontaktstelle und 9 Schutzwohnungen in deutschen Städten unterhält. Die Organisation bietet nicht nur unmittelbaren Schutz, sondern auch Hilfe bei der Rückkehr in die Heimat an. Im April 1919 veranstaltete SOLWODI in Mainz einen 3. Weltkongress gegen sexuelle Ausbeutung, der „international erfolgreiche Lösungsansätze im Kampf gegen den Frauen- und Kinderhandel“ aufzeigte. Deutschland wurde aufgefordert, „den Ländern Schweden, Island, Norwegen, Kanada, Nordirland, Frankreich und Irland zu folgen und ein Sexkaufverbot zu erlassen.“ (15)

* Dieser Artikel erschien unter dem Titel Sex sells in Junge Welt v. 1. 6. 2022, S. 12

(1) Manfred Paulus: Zuhälterei gestern und heute. Über Hurenwirte, Kiezkönige und die Sklaverei der Mafia, Promedia, Wien 2022, S. 141. 

(2) Ebenda, S. 165.

(3) Ebenda, S. 152-155.

(4) Manfred Paulus: Menschenhandel und Sexsklaverei. Organisierte Kriminalität im Rotlichtmilieu, Promedia, Wien 2020, S. 44.

(5) Ebenda, S. 93-96.

(6) Paulus: Zuhälterei, a. a. O., S. 16

(7) Ebenda, S. 171-184.

(8) Ebenda, S. 205.

(9) Paulus: Menschenhandel, a. a. O., S. 140.

(10) Ebenda, S. 139.

(11) Prostituiertenschutzgesetz vom 21. Oktober 2016,  zit. n. Paulus: Menschenhandel ...a, a, o, S. 132 u. 135.

(12) Ebenda, S. 176-181.

(13) Paulus: Zuhälterei, a. a, O., S. 140.  

(14) Paulus: Menschenhandel, a. a. O.

(15) Ebenda, S. 169-176.