"Mehr USA-Versteher braucht das Land"

ein Beitrag von Peter Wahl zu den USA-Verstehern
Personen: 

Nicht nur der Bun­des­tag, auch der US-Kon­gress hat einen wis­sen­schaft­li­chen Dienst, den Con­gres­sio­nal Rese­arch Ser­vice – und das seit über 100 Jah­ren. Er wird nicht nur auf Anfra­ge tätig, son­dern infor­miert auch unge­fragt die Abge­ord­ne­ten, vor allem nach Wah­len, wenn es vie­le Neu­lin­ge gibt. So wer­den zum Bei­spiel in einem Report vom Janu­ar 2021 die Prin­zi­pi­en der US-Außen­po­li­tik erklärt. Die bestehen dem­nach aus »vier Schlüs­sel­ele­men­ten«. An ers­ter Stel­le wird »glo­ba­le Füh­rung« genannt, also Domi­nanz der USA über den Rest der Welt. Ex-Prä­si­dent Barack Oba­ma for­mu­lier­te das bei einer Rede an der Mili­tär­aka­de­mie West­point so: »Ame­ri­ka muss auf der Welt­büh­ne immer füh­ren.« Bemer­kens­wert auch sei­ne Begrün­dung: »Ich glau­be mit jeder Faser mei­nes Wesens an die außer­ge­wöhn­li­che Bedeu­tung Ame­ri­kas.« Zur Erin­ne­rung: Der Anteil der USA an der Welt­be­völ­ke­rung beträgt etwa vier Prozent.

Das zwei­te Schlüs­sel­ele­ment heißt: »Ver­tei­di­gung und För­de­rung der libe­ra­len inter­na­tio­na­len Ord­nung«, vul­go Schutz und Ver­brei­tung des Kapi­ta­lis­mus. Danach kommt die »Ver­tei­di­gung von Frei­heit, Demo­kra­tie und Men­schen­rech­ten« – im Aus­land ver­steht sich, denn es geht ja um außen­po­li­ti­sche Prin­zi­pi­en: »Free­dom & Demo­cra­cy« eig­nen sich immer gut als Legi­ti­ma­ti­on, wenn man irgend­wo ein­mar­schie­ren will. Sie­he Viet­nam, Gre­na­da, kuba­ni­sche Schwei­ne­bucht, Irak usw. Wenn es um geo­po­li­tisch nütz­li­che Dik­ta­tu­ren geht, dann tre­ten Prin­zi­pi­en wie Frei­heit und Demo­kra­tie plötz­lich in den Hin­ter­grund. Das vier­te Schlüs­sel­ele­ment der US-Außen­po­li­tik: Es soll die Ent­ste­hung regio­na­ler Hege­mo­ni­al­mäch­te in Eura­si­en ver­hin­dert wer­den. In die­sem Zusam­men­hang wird die Teil­nah­me an den Welt­krie­gen genannt, eben­so die Betei­li­gung an den Krie­gen in Korea und Viet­nam und an Mili­tär­bünd­nis­sen, dar­un­ter die Nato. Deren Funk­ti­on bestehe dar­in, den Ver­such »Russ­lands, regio­na­ler Hege­mon in Euro­pa zu wer­den, abzu­schre­cken und zu verhindern«.

Es ist also nütz­lich zu ver­ste­hen, wie die US-Außen­po­li­tik funk­tio­niert. Wir brau­chen viel mehr USA-Versteher.

Ande­re Län­der haben ande­re Vor­stel­lun­gen vom inter­na­tio­na­len Sys­tem als Washing­ton. Die soge­nann­ten Brics-Staa­ten Chi­na, Indi­en, Russ­land, Bra­si­li­en und Süd­afri­ka beton­ten auf ihrem Gip­fel in Jeka­te­rin­burg bei­spiels­wei­se die Not­wen­dig­keit einer »mul­ti­po­la­ren« Welt­ord­nung. Die Brics ste­hen für 40 Pro­zent der Weltbevölkerung.

Wir leben also in einer Epo­che, in der die eta­blier­te Welt­ord­nung in Fra­ge gestellt ist. Immer mehr Län­der ver­lan­gen gleich­be­rech­tig­te Mit­spra­che über die Gestal­tung der Welt. Die USA und ihre euro­päi­schen Hin­ter­sas­sen ver­tei­di­gen die bestehen­den Ver­hält­nis­se mit Zäh­nen und Klau­en. Die 500-jäh­ri­ge Ära der Domi­nanz des wei­ßen Man­nes neigt sich ihrem Ende zu.

Es wäre naiv zu glau­ben, dass die­se macht­po­li­ti­sche Kon­stel­la­ti­on kei­ne Rol­le für den Ukrai­ne-Krieg spie­len wür­de. Im Gegen­teil: Es wird von Tag zu Tag deut­li­cher, dass die geo­po­li­ti­sche Kon­fron­ta­ti­on den ursprüng­li­chen rus­sisch-ukrai­ni­schen Kon­flikt zuneh­mend über­la­gert. Der Wes­ten strebt einen Sieg über Russ­land an – und das nicht nur mili­tä­risch. Der seit Jah­ren lau­fen­de Wirt­schafts­krieg wird so eska­liert, dass das Land »rui­niert« wer­den soll, zumin­dest wenn es nach der deut­schen Außen­mi­nis­te­rin Anna­le­na Baer­bock (Grü­ne) geht. Dabei spielt weder der Blut­zoll an den Kriegs­schau­plät­zen für die Prot­ago­nis­ten der angeb­lich wer­te­ba­sier­ten Außen­po­li­tik eine Rol­le, noch die welt­wirt­schaft­li­chen Kol­la­te­ral­schä­den, die vor allem in den armen Län­dern des Glo­ba­len Südens zu Buche schlagen.

Wem es wirk­lich um die huma­nen Opfer von Krieg gin­ge, der kann nicht mit der For­de­rung nach immer mehr Waf­fen Öl ins Feu­er gie­ßen. Sind die 50 Mil­li­ar­den US-Dol­lar, die Washing­ton dafür jetzt bewil­ligt hat, immer noch nicht genug, um die Sehn­sucht selbst eini­ger Lin­ker nach Pan­zern und Kano­nen zu stil­len? Gebraucht wird statt­des­sen Druck für einen Kom­pro­miss­frie­den – jen­seits von mili­tä­ri­scher Eska­la­ti­on und Kapi­tu­la­ti­on.

Schau dir unser Programm an:

https://weltnetz.tv
https://twitter.com/weltnetzTV
https://www.facebook.com/WeltnetzTV-1...

Jeder EURO hilft!
https://weltnetz.tv/foerdern

Spendet bitte auf das Konto unseres Fördervereins:

Verein für Gegenöffentlichkeit in Internetportalen e.V.
IBAN: DE07 5005 0201 0200 6042 60
BIC: HELADEF1822

Spende

*Spenden sind nach "Einkommenssteuergesetz (EStG, § 10 b: 'Steuerbegünstigte Zwecke')" steuerabzugsfähig.

Für Fragen oder einfach eine Rückmeldung:
gegenoeffentlichkeit[ät]web.de

Weitere Videos: 
Alexis Tsipras, Ministerpräsident Griechenlands
15. 03. 2015
Am 10. März 2015 nahm Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras vor dem Parlament in Athen zu den Forderungen nach Reparationen an die deutsche...
Peter Becker
13. 03. 2016
Weltnetz.tv präsentiert die öffentliche Veranstaltung »Die Air Base Ramstein« der Kampagne Stopp Ramstein. Peter Becker, International Association Of...
Rainer Littmann
15. 05. 2016
Rainer Littmann mit einem Gänshaut-Song zur Stopp Ramstein Kampagne.
Aktion zur Documenta Kassel
19. 06. 2017
Der 10. Juni ist in Griechenland der wichtigste Gedenktag an die Opfer des Nazi-Regimes. An diesem Tag hat im Jahr 1944 das Massaker der SS im Dorf...