Naher und Mittlere Osten: Perspektiven nach Afghanistan-Abzug

Ausgehend von der aktuellen Situation in Syrien erläutert Karin Leukefeld im Gespräch mit Sabine Kebir die im Nahen und Mittleren Osten sichtbaren Auswirkungen des Rückzugs der NATO aus Afghanistan.
Video: 
weltnetz.tv
Länge: 
00:48:26
Aufzeichnungsdatum: 
10.09.2021

Islamistische Kräfte in Syrien – z. B. in der Rebellen-Hochburg Idlib – haben den Sieg der Taliban gefeiert, während laizistische Kräfte ihn nur als bedeutsames Zeichen der Schwäche der USA und ihrer Verbündeten werteten. Leukefeld meint, dass diese offensichtliche Schwäche islamistische Staaten wie Saudi Arabien und die Vereinigten Emirate verunsichert, weil sie fühlen, dass sie sich nicht mehr wie früher auf die USA verlassen können. Daher bemühen sie sich wieder um Annäherung an die Nachbarländer. Zu profitieren scheint Katar, das Land hofft, künftig weiter als Vermittler zwischen dem Westen und den Taliban zu dienen.

Auch der Iran geht gestärkt aus dem Großkonflikt hervor. Dessen bisheriger Ausgang bindet die Region insgesamt mehr an das von Russland und China dominierte eurasische Gefüge, weil von dort auch mehr wirtschaftliche Hilfe kommt.

Den von den USA angekündigten und von den meisten Bürgern gewünschten Truppenabzug aus dem Irak sieht Leukefeld als Mogelpackung an. Die Mission sei von einem Kampfeinsatz in einen Ausbildungseinsatz umbenannt worden. Nur ein Teil der Soldaten würde abgezogen, die z. T. in den Nordosten Syriens verlagert werden. Das Ziel, durch die Besetzung der Ölfelder die Abspaltung der Kurdengebiete zu forcieren, bleibt bestehen.  

Während der Westen versucht, über humanitäre Hilfsangebote in Afghanistan weiter Einfluss zu nehmen, werden dem unter Regierungskontrolle stehenden Teil Syriens solche Hilfen weiter versagt. Entsprechend schwierig bleibt die Lage der Bevölkerung, die jedoch durch die zuverlässige Rationierung von Strom, Gas, Benzin und Grundnahrungsmitteln stabilisiert scheint. Leukefeld, die in diesem Sommer auch im Libanon war, beschreibt die dortige Lage als weitaus dramatischer. Zwar erhält das Land mit einer neuen Regierung voraussichtlich Kredite vom IWF, die aber an harte Privatisierungen gebunden sind und den Bürgern selbst nicht zu gute kommen.

Um dem Eindruck schwächelnden Engagements des Westens entgegenzutreten, besuchte der Generalinspekteur der Bundeswehr Anfang September die im Libanon im Rahmen einer UNO-Mission stationierten deutschen Soldaten. Eigentliches Ziel war die Neuausrichtung der Mission, die in Kooperation mit Jordanien, Israel und dem Libanon das Seegebiet zwischen den beiden letztgenannten Ländern kontrollieren soll.

Naher und Mittlere Osten: Perspektiven nach Afghanistan-Abzug

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