Die Antwort auf die Entscheidung der russischen Regierung, die Volksrepubliken Donezk und Lugansk als selbständige Staaten anzuerkennen, sollte von kühler Vernunft geprägt sein. Russland zum Feind zu erklären, den man bestrafen muss, hat zu Aufrüstung und in eine Spirale der Gewalt geführt. Diesen selben Weg jetzt möglicherweise sogar verschärft fortzusetzen, erhöht die Gefahr einer direkten kriegerischen Konfrontation von Groß- und Atommächten auf europäischem Boden. Dieser Weg hat nicht zu mehr, sondern zu weniger Sicherheit, er hat nicht zum gegenseitigen Verständnis, sondern zu Feindbildern geführt. Im Sinn einer Friedenssicherung ist er gescheitert. Jetzt kommt es darauf an, aus dieser Spirale auszusteigen.
Möglichkeiten von Gesprächen und Vereinbarungen, Möglichkeiten, die gegenseitigen Sicherheitsinteressen zu erkennen und anzuerkennen, sollten nicht an die Aufhebung des Dekrets zu Lugansk und Donezk geknüpft werden.
Die Akteure in der deutschen Politik werden lernen müssen, mit Widersprüchen und unterschiedlichen Interessen in Europa zu leben und umzugehen.
Dafür hat Minsk II Chancen eröffnet. Der Kern des Minsker Abkommens war bekanntlich zuallererst Waffenstillstand als Voraussetzung politischer Lösungen und Autonomierechte für Donezk und Lugansk im Rahmen einer verfassungsmäßigen Ordnung der Ukraine.
Auf diesem Weg ist die Regierung der Ukraine nicht nur keine Schritte gegangen; sie hat stetig Minsk II verletzt, ohne dass der Westen darauf reagiert hätte. Auch die Signatarmächte von Minsk, auch die Bundesregierung, sind für den nun eingetretenen Zustand mit verantwortlich.
Gemeinsame Sicherheit in Europa wird es nur geben, wenn man die bestehenden Meinungsverschiedenheiten auszuhalten lernt im Bemühen um einen dauerhaften Frieden. Helsinki 2.0 ist dringlicher denn je.