10 Jahre Neue Seidenstraße

Die neue Seidenstraße feiert ihr 10-jähriges Bestehen im Jahre 2023. Der Westen sieht das Megaprojekt als Imperialistisches Konzept. Doch die Realität zeigt das Gegenteil: Vielmehr geht es um soziale Konnektivität der Völker, für Gegenseitiges Verständnis und Respekt auf Augenhöhe. – von Christian Wagner

Wer die Bundestagsdebatte vom 29.09.2023 zur China-Strategie der Bundesregierung gesehen hat, wird mit Erschrecken feststellen, dass alle Parteien grundsätzlich wenig über die Volksrepublik China wissen. Es wurde keine faktenbasierte Debatte geführt, sondern eine rein intuitive, emotionale Wertediskussion, die eines zeigt: Deutschland mangelt es an Expertise. Stattdessen sind in den Beratungsgremien von den USA finanzierte Think Thanks. Als größte Exportnation Europas ist diese Bildungslücke wie ein fehlendes Standbein, das in absehbarer Zeit der gesamten Wirtschaft und der deutschen Bevölkerung schaden wird. Die Welt entwickelt sich zu einer multipolaren Weltordnung. Die Nationen der Welt lassen sich in ihren Kulturen und politischen Entscheidungen nicht mehr unterdrücken. Es ist fatal, diese Veränderungen nicht zu begreifen.

Außenministerin Annalena Bearbock bezeichnete China in der Debatte als Rivalen und nicht mehr als Partner, wie zuletzt zu Zeiten des Kalten Krieges. Johan Wadevogel (CDU/CSU) spricht von einer Wertefront gegen China, gemeinsam mit Ländern wie Indien oder Saudi-Arabien. Michael Müller (SPD) spricht von modernem Kolonialismus, den China in Afrika betreibe. Ulrich Lechte (FDP) will chinesische Technologien aus der deutschen Infrastruktur entfernen. Jürgen Trittin (Grüne) will die eigene deutsche Wirtschaft wegen der Lieferketten aus China sanktionieren. Und Jens Spahn (CDU) sieht in der neuen Seidenstraße ein imperiales Projekt. Die Rhetorik der Regierungsparteien zielt auf Konfrontation statt Kooperation.

Was ist die neue Seidenstraße und was will China?

Im Jahr 2017 hat Präsident Xi Jinping erklärt, dass die BRI (Belt and Road Initiative) auf alle Länder ausgerichtet ist, unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Entwicklungsstrategien. Es geht um gemeinsame Entwicklung und Wohlstand durch pragmatische Zusammenarbeit. Mehr als 200 Länder und Organisationen haben sich dem Projekt freiwillig angeschlossen. Auch Deutschland und der Westen können sich an diesem Projekt beteiligen. Es ist insbesondere kein Gegenprojekt im Sinne des Kalten Krieges als Front zum Westen, sondern es geht um eine gemeinsame Zukunft der Menschheit und um Kooperation.

Freundschaft zwischen den Völkern ist ein Schlüsselbegriff in den zwischenstaatlichen Beziehungen. Menschen spielen eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der BRI. Bei den BRI geht es nicht nur um Infrastrukturverbindungen und Konnektivität. Es geht auch um die Liberalisierung und Nutzung von Einrichtungen für Handel und Investitionen sowie um den direkten Austausch zwischen den Menschen. Es geht um Zusammenarbeit in Wissenschaft, Technologie, Bildung, Gesundheit, Kultur und anderen Bereichen für eine gemeinsame Zukunft der Menschheit. Es geht um Industrialisierung, Digitalisierung und Modernisierung in einer neuen Ära der internationalen Zusammenarbeit. Der chinesische Modernisierungsgedanke eröffnet neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit auch für die Staaten der Neuen Seidenstraßeninitiative. Es geht darum, die Mentalität des Kalten Krieges hinter sich zu lassen und eine neue Ära zu gestalten.

Wenn deutsche Politiker und Medien davon sprechen, China wolle der Welt seine eigenen Werte aufzwingen, dann ist das weit von der Realität entfernt. Es geht um den so genannten Austausch von „Mensch-zu-Mensch“ in den Bereichen Bildung, Kultur, Gesundheitswesen, Tourismus, Wissenschaft und Technik, Landwirtschaft, Umweltschutz, Jugend- und Frauenförderung. China und die Partnerstädte lehnen den Begriff der kulturellen Kolonisierung radikal ab.

Austausch von „Mensch-zu-Mensch“ als neues Konzept

Seit 2015 dominieren in der bereits globalisierten Welt immer mehr Begriffe wie „Clash of Civilisations“, wo viele chaotische Zustände wie Flüchtlingsströme nach Europa zu Auseinandersetzungen zwischen Kulturen und Völkern führen. Die neue Seidenstraßen-Initiative will die Herzen und Köpfe verschiedener ethischer Gruppen vereinen mit dem Ziel einer gemeinsamen Zukunft der Menschheit. 

Im Bildungsbereich gibt es einen regen Jugendaustausch von Studenten aus den Ländern der BRI. Sie studieren in China an Universitäten oder Berufsschulen und können die Kultur und das Land kennen lernen. Das chinesische Bildungsministerium hat mit 24 BRI-Partnern Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen und Bildungskooperationen geschlossen. Vor der Pandemie studierten 500.000 Studierende aus 200 Ländern an 1000 Universitäten in China. Mehr als die Hälfte dieser Länder sind Länder der Seidenstraße. Im Jahr 2017 haben mehr als 200 Vertreter aus 10 Ländern Jugendbegegnungen und Jugendtalks organisiert. Die neue Seidenstraße hat 2000 Frauen in 98 Ländern eine spezielle Ausbildung ermöglicht, 100 Seminare und mehr, einschließlich der von China zur Verfügung gestellten Ausrüstung.

Um qualifizierte Arbeitskräfte in den Herkunftsländern der BRI zu generieren, haben chinesische Berufsinstitute mehr als 20 Werkstätten in Südostasien und Afrika eingerichtet. Dort werden Menschen ausgebildet. Sie organisieren auch Delegationsreisen nach China (im ersten Halbjahr 2021 trotz Pandemie 1600 Mal) mit Studenten und Lehrern. In Zusammenarbeit mit konfuzianischen Instituten werden auch Sprachen gelehrt und die Kommunikation erleichtert. (450 Institute weltweit, mehr als 1000 Konfuzius-Schulen).

Der Tourismus wurde besonders gefördert und eben BRI-Charakteristika mit dem Tourismus verbunden. Das bedeutet Ausstellungen, Kultur etc. in Verbindung mit dem Individualtourismus der BRI. So gab es von 2016-2020 150 Millionen chinesische Touristen von 2016-2020 mit einem Umsatz von 200 Milliarden Dollar. Sie besuchen Projekte der BRI und erkennen sie Relevanz der Völkerverbundenen Projekte mit eigenen Augen.

Im Bereich der öffentlichen Gesundheit ist eine „Gesundheits-Seidenstraße“ im Entstehen. So hat China drei medizinische Kooperationsnetzwerke gegründet: 1. das Belt & Road Public Health Cooperation Network, das Belt & Road Health Policy Research Cooperation Network, die BRI Hospital Cooperation Alliance und verschiedene Formen wie die BRI Tropical Medicine Alliance und das BRI Network for the Elimination and Control of Echinococcosis and Cysticercosis. Hier wird medizinisches Personal und medizinische Ausrüstung eingesetzt und geschult, um den Menschen vor Ort zu helfen. Während der Covid-19-Pandemie lieferte China allein im Jahr 2021 mehr als 2 Milliarden Dosen Covid-19-Impfstoff an 120 Länder und Organisationen, die Partner von BRI sind.

Kulturelles Verständnis 

Die BRI konzentriert sich auf kulturellen Austausch und gegenseitiges Lernen, um kulturellen Wohlstand zu erreichen und in den jeweiligen Ländern nach der eigenen Kultur leben zu können. So werden Ausstellungen, Filmfestivals, Kunstausstellungen, Buchausstellungen, Musikfestivals und andere Veranstaltungen organisiert. Hinzu kommen Film-, Radio- und Buchproduktionen. Es geht um das gegenseitige Verständnis der Kulturen. Darum bemühen sich die International Alliance of Museums of the Silk Road, das Network for Silk Road Art Festivals, die Silk Riad International Library Alliance und die Silk Road International Alliance of Art Museums and Galleries. Sie haben gemeinsam mit mehr als 700 Partnern große Projekte organisiert. So ist zum Beispiel "Silk Road: The Roads Network oft the Changan-Tianshan Corridor" auf der UNESCO-Welterbeliste ein gemeinsames Projekt von China, Kasachstan und Kirgisistan.

Fehlendes Verständnis in Deutschland

Der Westen kritisiert Chinas Einfluss als Ausübung chinesischer Hegemonie. Demnach werden Kulturen von China beeinflusst und verändert, wie es sonst die USA und der Westen durch Softpower tun, indem sie definieren, was zivilisierte, demokratische und damit gute Länder sind und welche Länder schlecht sind. Bei BRI und dem Austausch von Mensch-zu-Mensch geht es um die Bildung einer neuen Zivilisation, bei der das Gegenteil der Fall ist. Es geht um die Vielfalt der Kulturen und um den Menschen als Mittelpunkt. Es geht um das gegenseitige Kennenlernen menschlicher Zivilisationen, Geschichten und kultureller Errungenschaften. Es geht um eine harmonische Koexistenz, Inklusion und gegenseitige Akzeptanz, in der von allen Zivilisationen gelernt wird, auch vom Westen. Bei den BRI geht es nie darum, politische Bedingungen zu stellen, sich in innere Angelegenheiten einzumischen oder politische Bedingungen für Investitionen zu stellen, wie es der Westen tut. 

 „Dieser Austausch und das Lernen voneinander sollten auf Gegenseitigkeit beruhen, gleichberechtigt, vielfältig und mehrdimensional sein, nicht zwanghaft, auferlegt, eindimensional oder auf andere Art und Weise“. - Xi Jinping