Im Interview mit weltnetz.tv nahm Nicaraguas Außenminister Samuel Santos erstmals in Deutschland öffentlich Stellung zur massiven Kürzung der Entwicklungshilfe durch die Bundesregierung Anfang dieses Jahres. Für den Politiker der Sandinistischen Befreiungsfront ist die Entscheidung nicht nachvollziehbar. Selbst die Wahlbeobachter der EU-Kommission als auch die der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) „stimmten darin überein, dass Präsident Daniel Ortega diese Wahl mit großer Mehrheit gewonnen hat“, sagte er im Interview.
Transcript:
Harald Neuber: Die deutsche Regierung verteidigt ihre Entscheidung, die Entwicklungshilfe für Nicaragua zu streichen. Wäre es nicht möglich gewesen, diesen Schritt zu vermeiden?
Samuel Santos: Das ist eine eindeutig eigenständige Entscheidung Deutschlands. Ich stimme Ihnen zu, dass sie vermeidbar gewesen wäre. Vor allem in Anbetracht der hervorragenden Ergebnisse, die Nicaragua erzielt hat, im Vergleich mit den Ländern Zentralamerikas. Nicaragua ist das einzige Land, das in all diesen Jahren ein Wachstum aufweist. Heuer liegt es bei 4,5%. Das haben weltweit wenige Länder erreicht, da sprechen wir schon nicht mehr nur von Zentralamerika. Bei der Entwicklung, der Verteidigung der Menschenrechte und der Bevölkerung Nicaraguas hat die Arbeit der Regierung Nicaraguas, in Zusammenarbeit sowohl mit Deutschland als auch mit anderen Ländern Europas und der Welt, wie auch mit der EU, wirklich exzellente Ergebnisse erzielt. Das ist weltweit schwer zu übertreffen. Zum Beispiel, unsere Gesundheitsversorgung deckt die gesamte Bevölkerung ab, was zuvor nicht gemacht wurde. Im Bildungsbereich haben wir die Analphabetismusrate auf 3,3% gesenkt. Im Energiebereich haben wir ein Wachstum. 100% der Energie sind schon im Land, und jetzt haben wir bereits erreicht, dass 40% der Energie, die Nicaragua braucht, erneuerbar ist.
Harald Neuber: Welche Gründe stecken Ihrer Meinung nach hinter dieser Entscheidung der Regierung von Bundeskanzlerin Merkel?
Samuel Santos: Schwer zu sagen. Wir haben gehört, und es gab Spekulationen, dass es mit den letzten Wahlen zu tun hat, aus denen Ortega als Präsident hervorging, und dass die Sandinistische Befreiungsfront die Wahl 2011 gewonnen hat. Aber auf Grundlage ihrer eigenen Resolution oder Analyse ihrer Wahlbeobachtung unterteilt die EU-Kommission die Wahlen in Nicaragua in zwei Punkte: Erstens, ob Präsident Ortega und die Sandinistische Befreiungsfront die Wahlen gewonnen haben oder nicht. Sowohl die EU als auch die OAS stimmen darin überein, dass Präsident Ortega diese Wahl mit großer Mehrheit gewonnen hat. Der zweite Punkt des Berichts, in dem beide Behörden übereinstimmen, ist, dass das Wahlsystem Nicaraguas, das ein 15 bis 20 Jahre altes ist, geändert gehört. Präsident Ortega hat nach seiner Wiederwahl mit aller Klarheit gesagt, er wird der Wahlbehörde und der Nationalversammlung einen Vorschlag zur Verbesserung des Wahlsystems unterbreiten. Auf Grundlage des Einverständnisses aller Nicaraguaner.
Übersetzung: Libertad Hackl
Link: Neues Deutschland vom 25.04.2012
Was wollen Nicaraguas Kritiker?
Außenminister Samuel Santos zur Reduzierung der deutschen Entwicklungshilfe für sein Land
Samuel Santos ist Außenminister Nicaraguas und führendes Mitglied der regierenden Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront (FSLN). Mit Santos, der dieser Tage in Berlin weilte, sprach für »nd« Harald Neuber.
Kooperation: amerika21
Übersetzung/Untertitel: Libertad Hackl
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