Marica Frangakis, Vorstandsmitglied des Nicos Poulantzas Instituts, Athen, und Mitglied der EuroMemorandum-Gruppe
Obdachlosenzahlen und Selbstmordraten in Griechenland auf Rekordhoch / Rettung nur für Gläubiger
Die Obdachlosigkeit in Griechenland ist seit Beginn der Kürzungspolitik sprunghaft angestiegen, ebenso die Selbstmordrate. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 50 Prozent, die Wirtschaft schrumpft seit Jahren. Mit dieser Politik sei ein Ausweg aus der Krise nicht möglich, das Haushaltsdefizit könne nur weiter steigen, sagt Marica Frangakis. Die Rettungspakete würden vor allem dazu dienen, die Gläubiger zu schützen. Mehr als zwei Drittel der Gelder gehen über ein gesperrtes Konto direkt an die Banken, für die Bevölkerung bleibt kaum etwas übrig.
Sparpolitik als Vorwand für Privatisierung und Umverteilung zugunsten des reichsten 1 Prozents
Dem Vorschlag von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker folgend ist in Griechenland eine Privatisierungsagentur nach dem Vorbild der deutschen Treuhand eingerichtet worden. Öffentliche Güter würden mit intransparenten Verfahren zu Schleuderpreisen verhökert, so Marica Frangakis. In der Agentur geben private Unternehmen und die Troika den Ton an. Die lukrativen Teile der griechischen Agrarbank ATE zum Beispiel, die noch bis vor kurzem in Staatsbesitz war, wurden an die private Piräus-Bank verkauft, die laut EU-Stresstest mit finanziellen Schwierigkeiten kämpft. Preis und Konditionen blieben geheim, als der Deal eingefädelt wurde. Auch die gewinnträchtige staatliche Fußballwettagentur werde ohne transparentes Verfahren verkauft.
Wie Samaras und Papandreou die Zukunft ihres Landes verpfändeten / Widerstand: Solidaritätsnetzwerke und agents provocateurs
Die Vorsitzenden der beiden großen Regierungsparteien, Antonis Samaras und Giorgos Papandreou, haben ihre Parteien schriftlich dazu verpflichtet, sich „unabhängig von politischen Entwicklungen“ – also auch von Wahlen – den Sparkonditionen der Troika zu beugen. Das sei Politik im Kolonialstil, sagt Marica Frangakis, die Zukunft des Landes werde an die Troika verpfändet. Doch nicht nur mit dem Linksbündnis Syriza sondern auch durch neue Solidaritätsnetzwerke, Streiks und Demonstrationen wehren sich die Griechen gegen das Diktat. Gewalt würde vor allem von der Polizei ausgehen. Auch die Aktivität von Polizisten in Zivil, die sich als Provokateure unter die Demonstranten mischen, sei dokumentiert.
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